Kleinkinder zwischen 1 und 2 Jahren befinden sich in einer wichtigen und sehr sensiblen Phase der Sprachentwicklung. Schon kurzer, regelmäßiger Medienkonsum kann hier die Sprachentwicklung verzögern und zu unangenehmen Spätfolgen für die Kinder führen. Vor dem Alter von 2 Jahren sollten Kinder also keine Medien konsumieren, da sie daraus nichts Neues lernen. Weder die Sprachentwicklung, noch das Denken oder Aushalten von Langeweile wird so gefördert!
Kinder im 2. Lebensjahr sind oft in ungünstigen Situationen sehr lebhaft. Da wird im Restaurant nicht still gesessen, das Wartezimmer vom Arzt umdekoriert, die lange Autofahrt hindurch geschrien usw. Eine echte Geduldsprobe für Eltern! Was schnell hilft, ist der Griff zum Tablet oder Smartphone, eine App oder ein Video eingeschaltet und schon ist Ruhe. Fachleute bezeichnen deshalb neue Medien bereits als „shut-up toys“, also als „Sei ruhig – Spielzeug“, da sie Kinder mit fast 100%iger Sicherheit ruhig stellen, egal welchen Charakter das Kind hat. Ob laut oder leise – mit den flimmernden Bildchen kehrt endlich Ruhe ein. Eine Entwicklung, die Folgen hat!
So praktisch sich Handy, Tablet und Fernseher auch präsentieren, ihr Einsatz zur Ruhigstellung der Kinder ist bedenklich. Einer neuen amerikanischen Studie von 2017 zufolge, verzögert regelmäßiger Medienkonsum nämlich häufig die Sprachentwicklung. So fanden Wissenschaftler heraus, dass bereits 30 Minuten täglicher Medienkonsum im Alter zwischen 1 und 2 Jahren - also zur Zeit des Sprechenlernens - die Sprachentwicklung bei der Hälfte der Kinder (49%) verzögert. Die Hälfte der medienkonsumierenden Kleinkinder beginnt also später zu sprechen und entwickelt damit ein hohes Risiko, diesen Nachteil nicht mehr aufzuholen. Aufwändige Sprachtherapien, Probleme mit Gleichaltrigen aufgrund der Probleme mit der Sprache und schlechtere Voraussetzungen für den Schulstart sind dann häufig Spätfolgen der verzögerten Entwicklung der Sprache.
Anstatt unsere Kinder zu fördern, wie viele Apps, Serien und DVDs versprechen, passiert durch frühen, regelmäßigen Medienkonsum also genau das Gegenteil: die Kinder bekommen in der Medienzeit weniger menschliche Zuwendung, egal ob positive oder negative, und können aus den Inhalten der verwendeten Medien nichts neues Lernen, da frühes Lernen über gemeinsames Tun erfolgt (siehe auch „Und was ist mit dem Medienkonsum – 1. Lebensjahr“). Bei Serien wie „Teletubbies“, „Baby Einstein“, „Sesamstraße“ usw. konnte nachgewiesen werden, dass Kleinkinder keine Wörter dazulernten, wenn sie die Sendungen in diesem Alter konsumierten. Zum Lernen fehlte die gemeinsame Aufmerksamkeit für ein neues Objekt mit einem Erwachsenen. Die Wiederholungen, die ein Kind noch dazu braucht um Wörter abspeichern zu können und die Schnelligkeit der wechselnden Bilder trugen ebenfalls dazu bei, dass beim Zusehen nichts Neues gelernt wurde. Experten sprechen in diesem Zusammenhang von einem „Videodefizit“ beim Lernen, das erst später ausgeglichen werden kann (siehe „Und was ist mit dem Medienkonsum? – 3. Lebensjahr“). Kleinkinder lernen also weder besser Sprechen oder komplexer Denken durch die Darbietung von App-Spielchen und Videos, noch mit Langeweile umzugehen. Aber auch Langeweile darf sein! Nur sie macht unsere Kinder kreativ und widerstandsfähig, auch unangenehme Situationen aushalten zu lernen.
Quellen:
Granatapfel (10/2017)
Pediatrics (2015)
Diergarten & Nieding (2012)