Oft haben Eltern viele Fragen zur zweisprachigen Erziehung ihrer Kinder.
Oft haben Eltern viele Fragen zur zweisprachigen Erziehung ihrer Kinder.
Ständig sagen uns Freunde, Bekannte, aber auch Ärzte: „ Ihr müsst Deutsch mit eurem Kind reden. Sonst wird es nie „unsere“ Sprache lernen.“ Dabei ist mein Deutsch aber einfach nicht gut. Ich fühle mich nicht wohl, wenn ich mit meinem Kind Deutsch spreche. |
Sprechen Sie mit Ihrem Kind Ihre eigene Sprache! Es ist wichtig für Ihre Familie, dass Sie mit Ihrem Kind über alles reden können. Wenn Sie das in einer Fremdsprache tun, in der Sie sich unwohl oder unsicher fühlen, schadet das der Beziehung zu Ihrem Kind. Für das Deutsche ist es aber wichtig, dass Ihr Kind regelmäßig mit anderen deutschsprachigen Kindern und Erwachsenen in Kontakt kommt. |
Wie kann ich darauf reagieren, wenn mir das nächste Mal jemand empfiehlt, mit meinem Kind Deutsch zu sprechen oder mir sagt, dass Zweisprachigkeit schlecht für mein Kind ist? |
Viele haben sich nicht richtig darüber informiert, welche Vorteile und Möglichkeiten Zweisprachigkeit mit sich bringt. Antworten Sie daher, dass Sie ihrem Kind dieses Geschenk nicht vorenthalten möchten. Außerdem soll Ihr Kind die Kultur Ihrer Vorfahren kennen und verstehen lernen. Natürlich wird Ihr Kind auch Deutsch lernen und die österreichische Kultur kennenlernen, zB durch österreichische Freunde, im Kindergarten und in der Schule. Sie können aber auch antworten: „Für mich ist die wichtigste Sprache meine Muttersprache. Für Sie nicht?“
Vielleicht empfiehlt Ihnen aber auch jemand mehr Wert auf das Deutsche zu legen, weil er sich Sorgen um die Entwicklung des Kindes macht. Fragen Sie daher genau nach:
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Meine Tochter beginnt bald mit der Schule. Soll ich ihr das Lesen in unserer Sprache schon vorher zuhause beibringen? |
Die meisten Kinder lernen in der Sprache lesen, in der sie auch beschult werden. Manche nur in dieser Sprache, andere gleichzeitig in beiden oder verzögert, zuerst in der Schulsprache und später in ihrer zweiten Sprache (die Mehrheit). Es gibt keine Empfehlung, wann Kinder zu lesen beginnen sollen. Einige zeigen aber schon lange vor Schulbeginn Interesse daran. Für das Kind ist es leichter, zuerst in der Sprache lesen zu lernen, die es am besten spricht. In dieser Sprache hat es einen großen Wortschatz und kennt viele grammatikalische Konstruktionen. Spricht das Kind beide Sprachen gleich gut, könnte es hilfreich sein, wenn es schon vor Schulstart in der Minderheitensprache zu lesen beginnt. So kommt es zu weniger Vermischung der beiden Schriftsprachen, vor allem wenn es um verschiedene Schriftsysteme geht. Wenn Sie möchten, dass Ihr Kind in beiden Sprachen lesen und schreiben kann, müssen Sie Ihr Kind auf jeden Fall unterstützten. Alleine klappt es in den wenigsten Fällen. |
Ich möchte so gern, dass mein Kind eine zweite Sprache spricht. Mein Englisch ist auch gar nicht so schlecht, aber reicht es aus, um ein gutes Sprachvorbild zu sein? |
Wenn Sie Ihr Kind in einer Fremdsprache erziehen möchten, sollten Sie diese wirklich sehr gut sprechen und in ständigem Kontakt mit der Sprache sein. Überlegen Sie sich genau, ob Sie in der Fremdsprache über alles reden können, was das Leben mit sich bringt. Kennen sie zärtliche Kosewörter? Können Sie in dieser Sprache blödeln? Welche Geräusche machen Tiere oder Fahrzeuge? Streiten Sie auch gern in dieser Sprache? Fallen Ihnen spontan Kinderlieder oder Reime ein? Wie heißt Frau Holle oder das Rotkäppchen? Und können Sie Kindern erklären, warum die Dinosaurier ausgestorben sind? |
In Österreich spricht man Deutsch! |
Leider hört man diesen Satz noch recht häufig. Die Empfehlungen haben sich jedoch geändert. Sprechen Sie mit Ihrem Kind die Sprache, die von Ihrem Herzen kommt. Sie sollten sich sicher und wohl fühlen. Die Sprache kommt Ihnen spontan über die Lippen und Sie sprechen sie gerne. Meist ist das Ihre Muttersprache. Es hat wenig Sinn, wenn Sie sich für eine Fremdsprache entscheiden, in der Sie sich unwohl fühlen und/oder viele Fehler machen. |
Mein Kind hat eine Sprachentwicklungsschwäche. Schließt das Zweisprachigkeit aus? |
Im Gegensatz zur Vergangenheit wird aufgrund der aktuellen Spracherwerbsforschung davon ausgegangen, dass das Vorliegen einer Sprachentwicklungsverzögerung oder –störung bei einem Kind kein Ausschließungsgrund für Zweisprachigkeit ist. Wenn eine Sprachschwäche oder –störung in der Muttersprache vorliegt, wird immer auch der Erwerb einer weiteren Sprache davon betroffen sein. Die sprachlichen Probleme eines Kindes potenzieren sich jedoch nicht aufgrund der Mehrsprachigkeit. In jedem Falle wird darauf zu achten sein, dass das Kind ausreichend Möglichkeiten des Zugangs zu beiden Sprachen erhält! |
Mein Kind hat eine geistige Beeinträchtigung. Kann ich es trotzdem zweisprachig erziehen? |
Geistige Beeinträchtigungen umfassen eine Fülle an Störungsbildern. Viele davon gehen mit Einschränkungen im Spracherwerb einher: Eine Lernbehinderung wird sich somit auf den Erwerb und den Gebrauch von Sprache in beiden Sprachen gleichermaßen auswirken. Studien zeigen, dass z.B. bei Kindern mit Down-Syndrom ein bilingualer Spracherwerb durchaus möglich ist, wenn auf regelmäßigen und umfangreichen Kontakt mit beiden Sprachen geachtet wird. |
Wie kann ich meinem Kind helfen zwei Sprachen zu lernen? |
Ermöglichen Sie Ihrem Kind regelmäßigen und umfangreichen Kontakt zu beiden Sprachen. Das Kind soll erleben, dass beide Sprachen im Alltag eingesetzt werden. Es braucht Erwachsene und Kinder, mit denen es kommunizieren, lesen, spielen und den Alltag erleben kann. Versuchen Sie auch außerhalb der Familie Personen zu finden, die die gleiche(n) Sprache(n) sprechen, zB in Eltern-Kind-Zentren, in der Kirchengemeinde, am Spielplatz, im Kindergarten, bei Sportvereinen, Freizeitzentren oder im Internet. Besorgen Sie Bücher, Zeitungen, Spiele und Filme in beiden Sprachen. Dabei ist es aber wichtig, dass diese Medien auch von den Bezugspersonen im Alltag verwendet werden. Schauen sie Filme gemeinsam an und reden sie über den Inhalt. Das Kind benötigt Gelegenheiten, um die Sprache zu verwenden und um darüber zu reden, was es gesehen oder erlebt hat. Mit Filmen und Fernsehen alleine kann man eine Sprache nicht lernen! |
Mein Kind schaut viel fern. So wird es bestimmt sehr gut Deutsch lernen. |
Beim Fernsehen hört Ihr Kind Sprache und sieht dazu auch Bilder. Zum Sprachenlernen reicht das jedoch nicht aus. Um eine Sprache zu lernen, braucht man einen Gesprächspartner. Das Fernsehen geht nicht auf Ihr Kind ein, gibt keine Antworten und stellt keine Fragen. Besser ist es, mit Ihrem Kind gemeinsam eine Sendung anzusehen und danach darüber zu reden. |
Mein Kind mischt die Sprachen. Ist das normal? |
Ja, das Mischen von Sprachen ist bei zweisprachigen Kindern und Erwachsenen ganz normal und natürlich. Man spricht in der Sprachwissenschaft auch von Code-Switching. Das kann innerhalb eines Satzes vorkommen, oder auch von einem Satz zum nächsten.
z. B: Schau, da fliegt ein bird (=Vogel).
Kinder verwenden häufig Wörter der anderen Sprache, wenn sie diese in der zweiten Sprache noch nicht kennen. Erwachsene entlehnen oft Wörter, für die es in der zweiten Sprache keine genaue Übersetzung gibt. |
Mein Kind weigert sich, meine Sprache zu sprechen. Ist das normal? |
Ja! Beinahe jedes mehrsprachige Kind hat eine oder mehrere Phasen, in denen es eine Sprache nicht mehr sprechen will. Fast immer betrifft das die Nicht-Umgebungssprache, also die Sprache, die nicht Landessprache ist und häufig beginnt die Verweigerung mit Eintritt in den einsprachigen Kindergarten. Manche Kinder antworten plötzlich nur mehr in der Mehrheitssprache (in Österreich deutsch), andere sagen den Eltern ganz direkt, dass sie die Minderheitensprache nicht mehr sprechen wollen. Die Kinder merken plötzlich, dass ein Großteil der Umgebung deutsch spricht, vielleicht auch, dass die Eltern miteinander deutsch sprechen oder aber zumindest deutsch gut verstehen. Also ist es eigentlich nicht nötig, eine andere Sprache zu sprechen.
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